"Moral"

Simpl

Re: "Moral"

Beitrag von Simpl » Di 11. Sep 2012, 12:09

Interessante Gedanken ... (Was ist los, es macht ja heute sozusagen richtig Spaß mit Euch ...)

Aber
Thomas Mann auch ein Sexbessessener
Den Eindruck habe ich bislang nicht so ...

Bisexualität kann mit Sexbesessenheit einhergehen, muß aber nicht.

:wcool:
Warum, nur warum sind wir dann bei "unserem" Karl May nicht auch so großzügig und meinen ihn mit moralischen Kriterien überziehen zu müssen?
Das könnte auch damit zusammenhängen, daß die May-Klientel zu großen Teilen etwas, sagen wir, unbedarfter sein wird als die Freundinnen und Freunde der anderen genannten ... (Wie gesagt, zu großen Teilen.) Man muß (Nein, man muß eigentlich wirklich nicht ...) Mayfreunden ja manchmal auch die simpelsten Dinge hundertmal vergeblich erklären, die für andere literarisch interessierte selbstverständlich wären ... (wie z.B. die literarische Relativität von Zeit und Raum, oder anders ausgedrückt, daß solche Dinge halt vollkommen schnurz sind, wenn's [sozusagen] um künstlerische Dinge geht ...)

Helmut

"Moral"

Beitrag von Helmut » Di 11. Sep 2012, 11:07

Karl May wird häufig und wie ich finde zu Unrecht mit moralischen (oder moralinischen) Maßstäben gemessen, wie z.B. sein Verhältnis zu seinen Frauen. Ich weiß zwar, oder denke zu wissen, was damit gemeint ist und wie das gemeint ist. Ich will es aber doch mal wörtlich nehmen und damit auf die Spitze setzen und übertreiben. Ich würde mir nicht zugestehen zu entscheiden, was die "dunkle" oder "helle" Seite eines Künstlers (und das war auch May) war, daher würde ich da eher wertfrei von der "anderen" Seite sprechen. Denn um es noch weiter zu übertreiben, wenn wir andere Künstler mit solchen Augen sehen und beschreiben würden, was käme dabei raus? Mozart war zeit seines Lebens ein lächerlicher kaum überlebensfähiger Kindskopf; Beethoven ein fürchterlicher Egomane; Bach und Haydn waren obrigheitshörige brave Untertanen; Schubert ein Sexbesessener, der sich im Puff die Syphillis geholt hat; Tschaikowsky ein an seiner Homsexualität Leidender; Bruckner ein ständiger Zauderer, der sich jede (auch noch so blödsinnige) Kritik zu Herzen nahm; Wagner ein egozentrisches und auch noch antisemitisches "Arschloch"; Thomas Mann auch ein Sexbessessener, der sich an beiden Geschlechtern ergötzte. Und doch gehören all diese zu unseren besten und am meisten geachteten Künstlern.
Warum, nur warum sind wir dann bei "unserem" Karl May nicht auch so großzügig und meinen ihn mit moralischen Kriterien überziehen zu müssen?
Eine mögliche Antwort ist, dass wir ihn leider als Künstler immer noch nicht ernst genug nehmen.

Helmut

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