was ich schon immer vermutet habe,

Simpl

Re: was ich schon immer vermutet habe,

Beitrag von Simpl » Di 29. Mai 2012, 13:21

Auch von mir ein paar Takte;

:smilew:

Es geht weder um Majestätsbeledigung, ohne Fehl und Tadel sein, absolute Seriosität, Makellosigkeit usw., May war weiß Gott alles andere als makellos, sowohl moralisch als auch im Werk ... Ich verehre ihn keineswegs als Idol und sehe durchaus sämtliche Fehler und Schwächen.

Mir persönlich ist es völlig schnurz, ob die Jugend May kennt oder nicht. Sie kennt eh nur ein völlig verfälschtes Bild von ihm, und Albernheiten á la Klier werden gewiß nicht helfen, das zu ändern. Auch ich habe nicht vor, das zu ändern, die Welt zu verbessern sehe ich mich weder willens noch in der Lage.

Einige der angeführten Beispiele für Humor sind welche, bei denen mir May ausnahmsweise mal auf den Keks geht ... er konnte durchaus witziger sein ... Aber die Geschmäcker sind verschieden.

May hat sich teilweise überhaupt nicht ernstgenommen, keine Frage. Z.B. in der Winnetoutrilogie, also in ganz „klassischen“ Sachen von ihm, finden sich Passagen, bei denen ich mich frage, wie die seinerzeit haben durchgehen können, ohne daß die Leser sich verkaspert gefühlt haben ...

Und ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn man May kräftig durch den Kakao zieht, nur sollte es dann wirklich originell und witzig sein ...

Und wir sind doch nicht verpflichtet, Herrn Klier komisch, originell, reizvoll oder was auch immer zu finden, nur weil es anderen, und sei es auch der Mehrheit, so geht ... Der Herr Barth z.B. füllt Stadien, bei mir meldet sich die Magensäure, wenn ich ihn nur sehe ...

Akzeptanz schön und gut, aber immer nur Friede Freude Eierkuchen, das bringt’s nicht ... das geht nicht, funktioniert nicht ...

Aber darum irgendjemanden an den Karren zu fahren ging es mir nicht. Auch nicht Herrn Klier. Vielleicht lerne ich ihn mal kennen, und er ist mir sympathisch ... Nur Dein May-Zeug, würde ich vielleicht zu ihm sagen, das lass stecken.

:smilew:

Helmut

Re: was ich schon immer vermutet habe,

Beitrag von Helmut » Di 29. Mai 2012, 13:02

Also:

May hat 5 oder 8 (je nachdem, ob man die Quitzows, "Auf der See gefangen" und "Scepter und Hammer" dazu zählt, oder nicht) sog. Kolportageromane (richtiger wäre eigentlich Lieferungsroman) geschrieben. Von dieser Gattung sind mehrere Tausende in dieser Zeit erschienen.
Die Definition, die ca. 100 Jahre später für diese gesamte Gattung angegeben wurde, jetzt so einfach voll und ganz auf die 5 oder 8 May'schen anzuwenden, erscheint mir auch deshalb schon mehr als kühn. Wenn man die nämlich alle (die von May) so im ganzen liest und das noch im Original, wird man feststellen, dass auch diese was zumindest teilweise die Qualität betrifft durchaus eine Sonderstellung einnehmen. Nein, man muss das auch mal wieder differenzierter sehen.
Über das "Buch der Liebe" (was übrigens mindestens doppelt so viel umfasst, als das was beim KMV erschienen ist) ist man sich heute immer noch nicht sicher, welche Teile davon May selbst geschrieben hat, welche Teil er redigiert hat und welche Teile einfach vom vorherigen "Venustempel" (ohne sein Wissen) übernommen wurden.
Andererseits hat er (wie ich andeutete) in seinen ersten Zeitschriftenromanen (wie z.B. "Leilet" und "Old Firehand", aber auch in "Wanda") durchaus Liebesgeschichten mit hinein verwoben. (von manchen drastischeren Szenen, z.B. in "Scepter und Hammer" oder noch deutlicher in "Die Juweleninsel" ganz zu schweigen.) Auch in manchen seiner Reiseerzählungen tauchen noch leicht "erotisch angehauchte" Szenen auf, wie z.B. die "Ingdscha" im "wilden Kurdistan".
Warum er in seinen späteren Erzählungen solche "Erotica" meinte tilgen zu müssen oder darauf ganz zu verzichten, auch das ist wohl nicht so ganz klar, sicher hängt dies auch mit seinen Verlagen (wie z.B. den extrem bigotten "Hausschatz") zusammen.

Aber das eigentlich nur nebenbei bemerkt; denn wenn Du meine vorherigen Beiträge (die selbstverständlich, auch ohne dass ich gewillt bin das jedesmal dazu zu schreiben, rein subjektiv meine Meinung wiedergeben) durchliest, und mich ein wenig kennen würdest, dann hättest Du gewusst, dass ich weder alles von May gleich ernst nehme, noch ihm gar Humor ("Freuden und Leiden eines Vielgelesenen" werde ich auf der LGA lesen!) absprechen möchte. Und "Majestät" ist er für mich schon gar nicht, obwohl sich ja auch da wieder so ein Wortspiel anbietet (wie bei dem "Ma...er") da ist sicher auch schon jemand darauf gekommen.
Worauf ich hauptsächlich allergisch reagiere ist einzig und allein diese hier gebrauchte Form von - in meinen Augen - primitiven Art von "Humor".
Im übrigen (und wie schon mehrfach erwähnt) ist auch meiner Meinung nach die Zeit des "Jugend- und Abenteuerschriftstellers" Karl May endgültig vorüber und vorbei, und es bleibt eben nur der ernst zu nehmende Schriftsteller übrig; und wir sollten auch dies tun, nämlich in ernst nehmen (auch mit all seinem Humor, was auch gar kein Widerspruch ist).

Helmut

Klaus_D

Re: was ich schon immer vermutet habe,

Beitrag von Klaus_D » Di 29. Mai 2012, 12:14

Mit Schmunzeln habe ich die Forenbeiträge zu dem Bericht über Lauf gelesen. Mir war klar, daß ich mit diesem Beitrag Majestätsbeleidigung begehe.
Allerdings muß man dazu wissen, daß die Majestät selbst nicht ohne Fehl und Tadel war...

Zum Thema:

May selbst hat Kolportageromane geschrieben. Der Begriff Kolportage wird folgendermaßen übersetzt:

Der Ausdruck Kolportage (frz.: porter à col, "am Hals/Kragen tragen", sinngemäß: "auf den Schultern tragen") bezeichnete den Vertrieb von Büchern in Einzellieferungen durch Hausierer („Kolporteure“). Das Verb kolportieren wird in Anlehnung an seine ursprüngliche Bedeutung heute abwertend mit dem Verbreiten von Gerüchten und Gesellschaftsklatsch gleichgesetzt. Häufig wird die Bezeichnung im Zusammenhang mit Äußerungen in den Boulevardzeitungen und der Regenbogenpresse verwendet.

(Quelle: Wikipedia; ich gehe davon aus, daß auch seriösere Quellen dieses Wort ähnlich übersetzen, allerdings fehlt mir die Zeit, noch mehr Quellen zu suchen.)


Hat May nicht das Das Buch der Liebe (Gesammelte Werke Bd. 87) geschrieben, welches damals - sagen wir mal vorsichtig - nicht überall gut aufgenommen wurde?
(In dem Zusammenhang bemerke ich mit Schmunzeln, daß die Zeilen über nackte Frauen sofort mittels Phantasie eine solche Aufmerksamkeit bekommen.)

Dennoch gibt es Leser Mays, welche ihm absolute Seriosität andichten und schlicht ignorieren, daß May selbst alles andere als zeitlebens ein Schriftsteller der sog. "Hochliteratur" war.
Wie viele andere Schriftsteller begann auch er seine Karriere mit einfachen Schriften, welche nicht der Hochliteratur anzudichten sind.

Wer will entscheiden, wie ernst andere Karl May-Leser den Mayster nehmen?
Wer will andere, welche May nicht als Idol verehren, sondern ihn als Mensch mit allen seinen Fehlern sehen, verurteilen?

Karl May wird kaum noch gelesen, so eine heute allgemein gültige Meinung.
Die Jugend interessiert sich kaum noch für May, so eine weitere allgemein akzeptierte Meinung.

Ich frage: Wie wird Jugendlichen denn May interessant gemacht? Wollen wir, daß May am Ende nur noch einer von vielen Schriftstellern sein wird, so wie z. B. ein Wilhelm Busch? Zwar namentlich bekannt, aber kaum noch interessierte Leser?

Ist das wirklich gewünscht? Kann das das Ziel sein, auf welches May-Freunde hinarbeiten sollten? Nein!

Jugendliche bilden unzweifelhaft die kommende Lesergeneration, sofern man sie interessieren könnte.

Ist es nicht besser als Ziel zu haben, May unseren Nachfolgegenerationen schmackhaft zu machen?

Und bevor hier nun wieder Missverständnisse entstehen: Nein, selbstverständlich nicht nur und ausschließlich in Bezug auf nackte Frauen, sondern auf genügend anderes augenzwinkerndes und schelmisches bei Karl May. Als Beispiele mögen hier angeführt sein:

- Die Senfindianer
- Sam Hawkens kuriose Wetten
- Dauerlauf in der Sänfte
- Freud und Leid eines Vielgelesenen
- Halef im Taubenschlag
- u.v.m.

Ich bin mir nicht sicher, ob May selbst sich und seine Erzählungen gnadenlos ernst genommen hat oder genommen werden wollte. Ich denke: Hätte er es gewollt, hätte er selbst weniger Phantasiegeschichten erzählt.

Ein seit Jahrzehnten gängiges Sprichwort sagt: "Nur was Kult ist, wird verulkt!"

Wie wahr, wie wahr diese Worte doch sind! Ich gebe sie allen, die die Tatsachen nicht so sehen (wollen), zum Nachdenken mit, verbunden mit der Aufforderung, doch ebenfalls (möglicherweise genehmere?) Artikel für die Homepage zur Verfügung zu stellen!

Dieser Bericht jedenfalls ist von dem möglicherweise einfacher gestrickten Webseitenbetreiber verfaßt worden, welcher mit dem Gehörten und Gesehenen dennoch sehr zufrieden war. Der Künstler Peter Klier machte jedenfalls auf mich den Eindruck eines aufgeschlossenen, freundlichen, niveauvollen Menschen.
Es bestand allerdings für jeden die Möglichkeit, die Veranstaltungen zu besuchen. Möglicherweise wäre die Zusammenfassung durch einen Anderen ganz anders niedergeschrieben worden, nicht wahr?

Zum Schluß ist es mir wichtig, daran zu erinnern, daß May selbst stets Wert auf Akzeptanz legte und sogar Andersdenkende respektierte und niemanden beleidigte.
May war gewissermaßen ein Vorläufer des Gedankens Infinite Diversity in Infinite Combinations (IDIC) - (Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination).

Ist der Gedanke daran nicht etwas wunderbares?

Helmut

Re: was ich schon immer vermutet habe,

Beitrag von Helmut » Mo 28. Mai 2012, 17:38

Und dann kommt es auch etwas auf's "Niveau" des Geschriebenen an, wenn ich da z.B. daran denke was C. Panzacchi in ihrem Buch über die Geschichte zwischen Old Shatterhand und Nscho-Tschi schreibt, dann ist das einfach "köstlich" und nicht solch (um mich zu wiederholen) "schenkelklopfender Männerwitz" wie mir das bei Klier vorkommt.

Helmut

Simpl

Re: was ich schon immer vermutet habe,

Beitrag von Simpl » So 27. Mai 2012, 19:44

Der Unterschied zwischen Dir & Mir einerseits und Klier, Willemsen & Ko. (das ist schon richtig geschrieben ...) andererseits ist halt [offenbar] daß wir die Mayschen Texte ERNSTNEHMEN, letztere nicht ...

(Unvergessene Situation auf einer Theaterprobe in Karlsruhe 1976, ein Schauspieler zum anderen hinter vorgehaltener Hand über den Regisseur: "Der nimmt das Stück ernst" ...)

Ja, ich nehme Karl May ernst, Du erfreulicherweise offenbar auch, und es sind halt nicht einfach irgendwelche Abenteuergeschichten oder Blödelvorlagen, sondern sehr ernstzunehmende Angelegenheiten unter Menschen ... völlig übertragbar ins Hier & Heute, mühelos ... (Die Senitzaepisode hat etwas von Hölderlin und Susette Gontard, fällt mir gerade ein, aber das nur am Rande, man mag es für übertrieben, abwegig und sonstwas halten und sich kaputtlachen, aber es geht halt um Liebe gegen Macht ...)

Helmut

Re: was ich schon immer vermutet habe,

Beitrag von Helmut » So 27. Mai 2012, 19:21

Ich gebe ja zu, ...
gerade bei der "Senitza Geschichte", schwingt bei mir immer die Urfassung ("Leilet") mit, und das ist (für mich) eine so zarte und großartige Liebesgeschichte (allerdings ohne Happy End), dass sich da solch "üblen" und dummen Scherze einfach verbieten.
Und wenn man über Karl May schreibt, sollte man so etwas eigentlich wissen, aber ... (ich weiss, da sind mittlerweile "meine Anforderungen" einfach zu hoch.)

Helmut

Simpl

Re: was ich schon immer vermutet habe,

Beitrag von Simpl » So 27. Mai 2012, 19:19

die Welt hat sich in den Kopf gesetzt, mich mit Preisen, Gratulationen, Dissertationen und Briefen vollends zu Tode zu steinigen. Dagegen ist nichts zu machen, aber die, die es tun, sollten vom Opfer nicht auch noch Dankbarkeit erwarten
Das hat Hesse 1947 geschrieben, es könnte auch Karl May 2012 gewesen sein ...

:grinw:

(Vgl. auch die Anmerkung von Heinrich Wiegand unter "Mein Karl May" bei karl-may-2012.de) :wcool:

Simpl

Re: was ich schon immer vermutet habe,

Beitrag von Simpl » So 27. Mai 2012, 18:59

Helmut hat geschrieben:nicht der schlimmste, albernste und dümmste all dieser "Events" (und auch veröffentlichten Büchern) in diesem ach so "speziellen Jahr" ist, aber es liegt gut in diesem "Wettbewerb" mit an der (allerdings doch sehr breiten) Spitze.
"Schön sprach er" (Sophokles / Hölderlin, Oedipus)

:grinw:

:topw:

(Was meinst Du was ich froh bin das schlimmste oder meiste in diesem Mayjahr sozusagen überstanden zu haben ...) ("Geschwätz, gehauen nicht und nicht gestochen")

Simpl

Re: was ich schon immer vermutet habe,

Beitrag von Simpl » So 27. Mai 2012, 18:55

@Bericht über Klier - Veranstaltung

Jenun ... eine gewisse "künstlerische Freiheit" sollten wir ihm schon zugestehen, sonst könnten wir auch sagen, das mit der roten Ampel stimmt nicht ...

:smilew:

(Aber "tröste Dich", den Band den Klier allein "verbrochen" hat (der zusammen mit Augustin ging noch [einigermaßen]) fand ich so blöd, daß ich ihn nach kurzem verärgerten Durchblättern gleich weggelegt und mittlerweile mitsamt anderem Überflüssigen für "'n Appel und 'n Ei" "verkloppt" habe ...)

:wcool:

(Also mal wieder einerseits andererseits ... ich wäre sozusagen ein Kandidat für den "Fränkischen Würfel" als Auszeichnung für angebrachte Indifferenz ... davon hörte ich heute im Bayernfernsehen beim Talk mit Markwort, Gauweiler u.a. Das machte mir die Franken [noch] ein wenig interessanter.)

(Will u.a. etwa sagen das Buch fand ich blöd aber als ich den Bericht las dachte ich warum soll er nicht aufzeigen was für ihn unterschwellig in Mays Texten auch vorhanden ist ... verdruckster Sexismus, Verklemmtheit usw. ... Nur zu ...)

:wcool:

Helmut

Re: was ich schon immer vermutet habe,

Beitrag von Helmut » So 27. Mai 2012, 18:47

Mittlerweile habe ich mich ein wenig beruhigt, und stelle fest, dass dies nicht der schlimmste, albernste und dümmste all dieser "Events" (und auch veröffentlichten Büchern) in diesem ach so "speziellen Jahr" ist, aber es liegt gut in diesem "Wettbewerb" mit an der (allerdings doch sehr breiten) Spitze.

Helmut

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