"Am Jenseits"

Buchbesprechungen und mehr über Karl May und Sekundärliteratur
Simpl

Re: "Am Jenseits"

Beitrag von Simpl » Fr 15. Jul 2011, 16:50

Ich sehe das anders,

Halef empfindet die Äußerungen seines Freundes nicht als Abkanzeln, sondern als das was sie sind: freundschaftlich konstruktiv. So soll es sein. Auf der einen wie auf der anderen Seite.

Und es geht nicht um "Bestrafen" im kindlichen Sinne (auch viele "Erwachsene" kommen ja, wie man immer wieder beobachten kann, aus diesen kindlichen Mustern nicht heraus, es geht ihnen in Auseinandersetzungen um Gewinnen und Verlieren, um Ätschebätsche, wer setzt sich durch, um wie du mir so ich dir und dergleichen Unsinn, nicht aber um die Sache, um Konstruktivität ... ), sondern um Bewußtmachen, den anderen auf etwas hinweisen, was er vielleicht selber nicht bemerkt, auf daß er die Chance habe, das zu ändern, wenn er denn will ...

(Ein Sauerlandfamilieneventmanager hat mal sinngemäß gesagt, wer bei Winnetou & Co psychologisiere, mache sich lächerlich. Welch erbarmungswürdiges Armutszeugnis hat er sich da selber freiwillig ausgestellt ... wenn es bei Karl May nur um Ballerei und Unterhaltung ginge, wäre es ja kaum lohnenswert, sich mit ihm zu beschäftigen ...)

Hexla

"Am Jenseits"

Beitrag von Hexla » Fr 15. Jul 2011, 16:13



Für die bessere Übersichtlichkeit habe ich neues Thema erstellt zu Karl Mays Werk "Am Jenseits".

Gestern abend habe ich mich heimlich zu einem Gespräch zwischen Kara Ben Nemsi und Halef gesellt und die beiden belauscht (gut das ich das schon häufiger gemacht habe und so weiß, auf was man achten muss, damit man vom "Helden" nicht bemerkt wird. Wie jeder Karl May Leser weiß, hört und sieht Kara/Old Shatterhand ja alles und jeden, selbst bei Dunkelheit...). Er weiß aber nicht, sollte er mich doch irgendwann einmal bemerken, würde ich sofort das Buch zuklappen und einen günstigeren Moment abwarten :zwinki: .
Doch nun zum Thema!

Kara Ben Nemsi "erzieht" Halef, der durch sein vorschnelles Handeln mit der Peitsche die Gruppe gefährdet. Kara rügt den Halef dahingehend, dass dieser sich immer so wichtig nehme und weist ihn darauf hin, das Hundertausende Leser ihn nun so kennengelernt hätten - sozusagen als Wichtigtuer, der sein eigenes "Ich" vor das "Ich" des anderen stellt.

Hier ein Ausschnitt der von mir *belauschten* Szene um Halefs Reaktion aus dem erwähnten Band:



…„Wenn mein Mich stets vor deinem Dich zu finden ist, ohne dass ich deinem Dir vor meinem Mir den Vortritt lasse, so ist zu befürchten, dass unser Uns auch stets an der unrechten Stelle steht! Mein ganzer Ruhm ist hin! Man wird mein Ich für ungeheuer rücksichtslos halten und mich mit Recht der unhöflichen und also unverzeihlichen Zurückstellung deines dir mit vollstem Rechte gehörenden Du beschuldigen! Die Ehre meiner bescheidenen Unterwürfigkeit ist hingeschwunden und der Glanz meiner schönen Umgangsform in Finsternis verwandelt! O Sihdi, warum, warum hast du das mir, deinem treuen Halef, angethan!… Ich bin eine verdorbene Wassermelone, ein fauler Apfel, ein wurmstichiger Buchecker geworden, den kein Sindschab verzehren mag!“... „Halt!“ unterbrach ich ihn. „Da eben hast du wieder ›mich und dich‹ gesagt und dich vorangestellt!“
„Sihdi, glaube mir, ich wollte hinterherkommen, bin mir aber in der Eile so verkehrt aus dem Munde gefahren, dass du keinen Platz gefunden hast, vor mir zu erscheinen.“…



Und warum sagt Kara Ben Nemsi das so? Klar, es ist die Strafe für Halefs vorschnelles Handeln.



„Das war die Bestrafung deiner Unüberlegtheit im Verhalten zu el Ghani.“



Ich habe diese Szene mehrmals gelesen und schwankte zwischen schmunzeln und Kopf schütteln, über die dann doch mal wieder etwas überhebliche Art des Helden Effendi Kara und das „kindliche“ Verhalten von Halef, der doch fast ausschließlich eines im Sinn hat - zu gefallen.
Aber so wie da der Halef abgekanzelt wird, seufz, da hätte ich doch lieber gesagt, weeste was liebster „Sihdi“ mach mal deenen Ausritt nach Mekka alleene …

Ach so, es gibt da noch so eine Schlüsselszene, in der Kara den Halef fragt, ob er ihn denn schon einmal als "Mann der vielen Worte" erlebt hätte"...
Selbstverständlich verneint Halef dies.
Mir ist jedoch aufgefallen, das es sehr wohl genügend Passagen gibt, in denen Kara sehr wohl etliche Worte findet (bitte gerne selber nachlesen :iP: ) um dem Halef ein fürwahr schlechtes Gewissen zu bereiten, ich kann nur hoffen, das ich nicht festelle das der tapfere Hadschi deswegen ein Trauma bekommt, also werde ich weiterlesen :zwinki:

Das wars dann mal wieder, fast live belauscht aus dem Buch,
berichtet vom hexla :hexla:

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