ein Krimi

Buchbesprechungen und mehr über Karl May und Sekundärliteratur
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Helmut

Re: ein Krimi

Beitrag von Helmut » Di 30. Okt 2012, 16:36

May hat in seinen Werken sehr wohl die Vorurteile seiner Zeit hineingeschreiben, aber sobald er sich mit einer Person näher beschäftigt (sich mit ihr näher einläßt) gewinnt sie häufig immer mehr positive Züge. Das gilt auch für Juden (z.B. im Orientzyklus). (Es gibt eigentlich nur 2 Ausnahmen von dieser "Regel", nämlich die Griechen und die Armenier; da gibt es keine positive Beispiele.)
So haben die "Juden" in Mays "verlornem Sohn" durchaus auch positive Züge.

Helmut

PS.: Und es hat bis weit in die 50'er Jahre gedauert, bis der KMV diese hineingeschriebenen Stellen (in "Der Fremde aus Indien") wieder getilgt hat.

Simpl

Re: ein Krimi

Beitrag von Simpl » Di 30. Okt 2012, 13:53

Helmut hat geschrieben:Außerdem war der andere bearbeitete Teil dieses Kolportageromans, der als "Der fremde aus Indien" erschien, ziemlich entsetzlich "zugerichtet"; u.a. wurde durch diese Bearbeitung May zu einem antisemitischen Schreiberling entstellt (der Bearbeiter war jenes NSDAP-Mitglied Eicke).
Wolfgang Hermesmeier schrieb im September 2003 in der Vorgängerversion des Stiftungsforums
Und es gibt von May antisemitische Äußerungen. Damit werden wir alle leben können und müssen. Ich bin nicht bereit, den einen Karl May zu verleugnen, um den anderen zu verherrlichen. Gegen derlei apologetische Bestrebungen werde ich mich immer wehren, und ich lasse mich da auch gar nicht in eine Ecke stellen
und damit hatte er völlig Recht.

Richtig ist, daß Eicke in GW 65 Stellen hineingeschrieben hat, die vorher nicht drin standen. Richtig ist aber auch, daß es [in anderen Werken] etliche "antisemitischen" Stellen auch bei May gibt ... [Ebenso wie rassistische ...]

Helmut

Re: ein Krimi

Beitrag von Helmut » Di 30. Okt 2012, 13:01

Also:
- Die Beschreibung vom Hexla ist wirklich großartig
- Ja, die Geschichte um den Waldkönig/ das Buschgespenst ist aus dem "großen Ganzen" herauslösbar und ist dem KMV in diesem Fall auch recht gut gelungen.

Ich habe allerdings da so meine Probleme (nicht mal ich kann über meinen Schatten springen :smilei: ), da der "verlorne Sohn" der Kolportageroman Mays ist, den ich am häufigsten (im Original) gelesen habe, und der mir am meisten (auch über seinen Autor) sagt. Außerdem war der andere bearbeitete Teil dieses Kolportageromans, der als "Der fremde aus Indien" erschien, ziemlich entsetzlich "zugerichtet"; u.a. wurde durch diese Bearbeitung May zu einem antisemitischen Schreiberling entstellt (der Bearbeiter war jenes NSDAP-Mitglied Eicke).
Es sind da in dem ganzen Roman soviele großartige und auch erschütternde Stellen darin, dass ich eigentlich nur immer empfehlen kann, ihn insgesamt zu lesen (auch und gerade dann, wenn man Gefallen am "Buschgespenst" gefunden hat). Auch für den Karl-May-Gottesdienst war mir dieser Roman eine wesentlich Inspiration. Von den hier herausgesuchten Stellen ist zwar keines direkt im GoDi gelesen worden, aber eine (vorbereitend) in einer "Kirchenvorstands-Andacht".
(BTW wenn man den gesamten Roman liest, wird auch meiner Meinung nach klar, warum "Buschgespenst" auf keinen Fall möglich ist.

Helmut

PS.. wie oft, liebe Annie/Charlotte muss ich Dir denn noch sagen, dass ich alles weiß, die alles besser wissen das sind die anderen!!!

Annie O'Toole

Re: ein Krimi

Beitrag von Annie O'Toole » So 28. Okt 2012, 19:13

Bild

always the same old tune!

:irolleye: :isagnix:

Helmut

Re: ein Krimi

Beitrag von Helmut » So 28. Okt 2012, 17:08

Annie O'Toole hat geschrieben: "Aufwendig inszeniert, hervorragend besetzt - wirklich so, als hätte Karl May nicht nur den Roman, sondern auch das Drehbuch geschrieben und Regie geführt."
Charlotte…;o))
Wenn ich (wieder mal) bösartig wäre, würde ich ja schreiben, "da Karl May ja den Roman nicht geschrieben hat, konnte er wohl kaum das Drehbuch dazu schreiben..."

Bei May heißt diese Figur übrigens (majestätisch) "Waldkönig" was wesentlich treffender ist, als ein nur im Verborgenen agierendes "Buchgespenst".

Helmut

Annie O'Toole

Re: ein Krimi

Beitrag von Annie O'Toole » Sa 27. Okt 2012, 13:41

Gelesen hab ich es leider noch nicht – das Buschgespenst (herrjeh, ob ich das Gesamtwerk Mays noch schaffe in diesem Leben??) :ihaeh:
.... aber der wirklich wunderbare Zweiteiler dieser Erzgebirgsgeschichte Mays befindet sich als DVD in meinem Besitz und ich kann mich dem Urteil des „Tagesspiegels“ nur anschließen:
"Aufwendig inszeniert, hervorragend besetzt - wirklich so, als hätte Karl May nicht nur den Roman, sondern auch das Drehbuch geschrieben und Regie geführt."
Grandios das Spiel von Rolf Ludwig als „Arndt“ mit seinen vielen Verkleidungen und den differenzierten Charakteren …. Wunderbar auch der einmalige Kurt Böwe (der für mich auch unvergessen bleibt in seiner Rolle als Kommissar Groth im „Polizeiruf 110“)* als Förster Wunderlich … überhaupt ist das Stück bis in die kleinste Nebenrolle exzellent besetzt. Ulrich Mühe, Barbara Dittus, Marianne Wünscher …. nicht zu vergessen Jenny Gröllmann (die mich in ihrer Rolle als Fräulein Conradi beim „Lehrer Dr. Specht“ sehr überzeugend aufgeregt hat…) :ifies:

Nett auch die kleinen Spitzfindigkeiten wie z.B. das Portrait Karl Mays, das in der Dorfkneipe gleich neben der Tür hängt. Beim Hinausgehen bemerkt der Förster Böwe Staub auf dem Bild und sagt: „Das hat er nicht verdient“. (Ich glaube, er wischt ihn dann auch weg .... den Staub)
:zwinki:
Die DVD enthält auch zwei Bonus-Beiträge: "Karl-May-Stationen seines Lebens-Ich habe Winnetou begraben", interessante Fakten aus dem Werdegang und Leben des Menschen und Schriftstellers Karl May und in "Der Mann der Old Shatterhand war" beschäftigt sich ein Beitrag der DDR-Sendereihe "Kulturmagazin" aus dem Jahr 1989, mit eben jenem Thema.
Naja, aber wem erzähl ich das hier eigentlich alles (Hauptsache, du hast wieder schön doziert, Charlotte…;o))
Wer die DVD wirklich noch nicht hat – schnellstens zuschlagen!

*Kurt Böwe, 71. Der dunkle Stoffbeutel war sein ständiger Begleiter. Im Fernsehen wie im richtigen Leben trennte er sich nicht von diesem Relikt aus der DDR. Seinen Kommissar Groth im "Polizeiruf 110" kennzeichnete es trefflich als einen, der aus einer anderen Zeit kommt. Dem Privatmann Böwe half das schlichte Accessoire demonstrieren, was ihm so wichtig war: "Meine Geschichte ist die DDR-Geschichte." Fast 25 Jahre spielte der Bauernsohn aus der Prignitz im Ensemble des Deutschen Theaters; Intendant Thomas Langhoff sprach ihm das höchste Lob aus: "Er war grandios." In der DDR war er schon lange ein Star, und nach der Wende verhalf ihm seine Rolle als Schweriner Kommissar Groth zu bundesweiter Popularität. Ein bisschen grummelig, ein bisschen störrisch, aber nie bitter, sondern oft verschmitzt und immer voller Lebensweisheit löste er seine Fälle. Kurt Böwe starb am 14. Juni in Berlin. (Der Spiegel 19.6.2000)

PS: hab mich jetzt leider ein wenig in der Sparte verlaufen, aber es war eben gerade passend
:icool:

Simpl

Re: ein Krimi

Beitrag von Simpl » Fr 26. Okt 2012, 21:41

Hexla hat geschrieben: Ich habs dennoch gerne gelesen, das Buschgespenst
Das ist auch ein durchaus nicht übel gemachtes Buch ... (dazu fällt mir die Sache mit der Spiegelarie aus 'Hoffmanns Erzählungen' wieder ein, die ist auch gut, obwohl sie nicht von Offenbach ist ... und jahrzehntelang wußte ich das gar nicht ...)

Mein Vater hat's seinerzeit an einem Tag durchgelesen, das 'Buschgespenst', als er krank war und im Bett lag, obwohl er sonst kein großer Leser war, auch kein Mayleser ... (ist 40 Jahre oder länger her aber in Erinnerung geblieben. War die gelbblaue Taschenbuchausgabe von Ueberreuter.)

Hexla

Re: ein Krimi

Beitrag von Hexla » Fr 26. Okt 2012, 21:28

Simpl hat geschrieben:
Hexla hat geschrieben: Sozialkritisch beschreibt Karl May das Leben der Menschen im Erzgebirge.
Im Original noch deutlich krasser, siehe hier (S. 3 - 6 anklicken)

http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg ... /index.htm

Dem stimme ich zu, nachdem ich die Seiten 3 - 6 gelesen habe :topi:
Im Prinzip gibt es an dieser für die Menschen damals (und noch früherer Zeit bis teilweise heute in aller Welt) sehr sehr harten Zeit auch nichts zu beschönigen.

Ich habs dennoch gerne gelesen, das Buschgespenst :ired:


Simpl

Re: ein Krimi

Beitrag von Simpl » Fr 26. Okt 2012, 18:39

Hexla hat geschrieben: Sozialkritisch beschreibt Karl May das Leben der Menschen im Erzgebirge.
Im Original noch deutlich krasser, siehe hier (S. 3 - 6 anklicken)

http://www.karl-may-gesellschaft.de/kmg ... /index.htm

Hexla

ein Krimi

Beitrag von Hexla » Fr 26. Okt 2012, 18:15


Eiseskälte im Februar, silbern glitzernder Schnee bei Mondlicht im dunklen Tann und gespenstische Gestalten „geistern“ durch die Nacht. Eine verhüllte Gestalt…, ein Treffpunkt…, flüstern, wispern und … ein Mord...
Da sind sie wieder diese hübsch gruseligen Schauer die den Rücken wohlig hinunterrieseln, die ich als Kind schon so genoß wenn ich den Inhalt eines Buches vor lauter Spannung fast verschlang. Früher stellte mir meine Mutter vorsichtshalber einen Teller mit Butterbrot und Apfel hin – ich sollte wohl lieber das verschlingen als die doch etwas ungesunden Seiten eines Buches.
Welches Buch wäre nun aber besser geeignet sich an einem herbstlichen Abend mit dickem Butterbrot, einem Glas Milch und Apfelstücken die Zeit oder besser die Nacht zu vertreiben als mit… ?
Karl Mays „Das Buschgespenst“
Sozialkritisch beschreibt Karl May das Leben der Menschen im Erzgebirge. Arm und noch ärmer waren viele Menschen in Hohenthal. Rauh und kräftezehrend die 24 Stunden unter Tage im Kohlenbergwerk. Anstrengend und hart die Arbeit an den Webstühlen. Arme werden noch ärmer und Reiche noch reicher. Dazu werden die Menschen erpresst und ausgebeutet von der Gier eines Unternehmers Seidelmann und seines Sohnes. Und zwischen all diesen Machenschaften treibt das Buschgespenst sein böses Spiel. Tiefe Gläubigkeit bestimmt den Alltag der Menschen und doch nimmt auch Aberglaube einen Teil des Lebens dieser Menschen ein. So hat das Buschgespenst die Macht die Menschen in dem kleinen Ort Hohenthal vor Angst und Sorge um Hab und Gut in Schach zu halten.

Auch wenn ich als Leserin sehr schnell eine Ahnung habe wer hinter dem Buschgespenst steckt, so bleibt doch die Spannung um den geheimnisvollen „Vetter Arndt“, den tapferen Förster Wunderlich, den mutigen Eduard Hauser und das naive „Engelchen“ und der vielen anderen Menschen, bis zum Ende erhalten. Ich möchte eingreifen in die Handlung und vergesse – selbst in meinem Alter – das ich doch „nur“ ein Buch lese. So fesselnd, klar und deutlich ist Karl Mays Krimierzählung bei der am Ende natürlich alles gut ausgeht.

Gerne hätte ich einem lieben Karl May Freund, der mir den Band „Das Buschgespenst“ ans Herz legte, ich möge es doch unbedingt lesen, noch von „meinen“ Erlebnissen mit dem Buschgespenst erzählt. Dies ist leider nicht mehr möglich. Er ist nun zusammen mit Karl May und durchstreift gemeinsam mit ihm die Wälder in einer anderen Welt.

:hexla:


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