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Deutsche Herzen - Deutsche Helden

 

Ja, beim Titel fängt es schon an, steht jetzt zwischen den Herzen und den Helden ein "-", ein "," oder gar nichts. Alle 3 Versionen habe ich schon gesehen; entschieden habe ich mich dann dafür, wie es hier in der Datenbank bei www.karl-may-buecher.de steht.

 

Deutsche Herzen - Deutsche Helden ist der 4. der "Münchmeyer"- oder "Kolportage"-Romane, wobei dies auch eigentlich nicht korrekt ist. Denn als "Münchmeyer"-Roman müsste Der beiden Quitzows letzte Fahrten mitgezählt werden, und andererseits war ja Die Liebe des Ulanen kein Kolportageroman. Aber genug der "Erbsenzählerei", kommen wir zum wesentlichen.

 

Veröffentlicht wurde der Roman vermutlich von Januar 1886 bis Januar 1888. Während dieser Zeit gab es parallel noch folgende Veröffentlichung Mayscher Romane: (1 und 2 wie auch 3 und 4 natürlich nacheinander)

 

Man kann also sagen, diese Zeit (May war da Mitte 40) gehörte wohl zu den produktivsten seiner Schriftstellerkarriere.

 

Es blieb da natürlich nicht aus, dass praktisch ständig einer der hauptsächlich beteiligten Verlage/Verleger Münchmeyer/Hausschatz/Spemann dringendst "Nachschub" verlangte. Außerdem hat dies wohl May viele "durchgearbeitete Nächte" gekostet.

 

Ich lese den Reprint des Karl-May-Verlages und zwar die Version mit den Lieferungsheften (http://www.karl-may-buecher.de/banddetails.php?_id=644, http://www.karl-may-buecher.de/banddetails.php?_id=1607 und http://www.karl-may-buecher.de/banddetails.php?_id=1608). Das ist derzeit recht praktisch, denn die sind nicht nur "badewannentauglich", sondern auch auf der Terrasse und im Garten und Biergarten "lesbar" und tauglich.

 

Ich bin auch schon bei der dritten Lieferung angelangt (d.h. ich habe eigentlich schon drei Wochen gelesen ), und schon mitten drin in der Handlung, hier geht das ohne irgendeine "Eingewöhnungszeit". Ein gut Teil der handelnden Personen sind ja auch schon vorgekommen. Da gibt es z.B. "Lord Eaglenest", "David Lindsay" zum Verwechseln ähnlich, heißt es. Diese Ähnlichkeit ist aber, meiner Meinung nach, rein äußerlich (bis auf die Nase, die ist auch da unterschiedlich).

 

Hauptsächlich zwei Gründe gibt es für mich, die die beiden unterscheiden: Außerdem kann ich mir sowas wie den Anfangsauftritt von Lord Eaglenest, die Yacht mit dem eigenen Großportrait bei Lindsay nicht vorstellen, der gibt sich da wesentlich bescheidener ("David Lindsay reicht, braucht nicht Sir David Lindsay zu sagen").

 

Ich könnte ja noch etwas zu der falsch verstandenen Entführung aus dem Serail sagen, in der eben keine Türkin entführt, sondern entführte Spanierinnen befreit werden sollen, aber das schenke ich mir. Im ersten Teil Eine deutsche Sultana werden ja i.w. alle Verwicklungen, die es zu lösen gibt, schon mal - und noch dazu äußerst spannend - ausgebreitet. Nur die Geschichte Steinbach/Gökala bleibt erstmal noch im Halbdunkel.

 

Und dann
Zitat:
"Dunderwetter! Ihnen sind ein Deutscher?"

 

Da ist er also (im zweiten Teil) der "brandenburgische Bierbrauer" Krüger, genannt Krüger Bei oder auch wie hier Krüger Pascha.
Er ist meines Wissen die einzige Gestalt Mays, die obwohl ein Bewohner der Münchmeyerschen Kolportage, doch Kara Ben Nemsi (aka Old Schatterhand) persönlich kennt (wenn man da mal von Auf der See gefangen absieht).

 

Und auch die Auftrittsszene ist der im Krumir" (beim ersten Zusammentreffen mit KBN) ähnlich, jedes Mal eine Jagd mit Falken.

 

Hm, eigenartig.
Da erzählt Ibrahim Pascha ganz am Anfang dem Derwisch, dass die Frau von Alban Adlerhorst Zunge und Hände verloren hat, und es taucht auch eine Frau ohne Zunge und Hände auf. Plötzlich stellt sich aber heraus, dass dies aber "nur" die Amme von "Tschita" Adlerhorst war.

 

Sollte sich Ibrahim Pascha in der Person getäuscht haben (er spricht ja auch später, wenn ich mich recht erinnere, von Tschitas Mutter)? Das kann doch aber eigentlich nicht sein, er kannte ja die Adlerhorsts sehr gut. Na ja, warten wir mal ab, vielleicht gibt es ja dafür noch eine Erklärung. Wenn nicht, ist's auch nicht so schlimm.

 

Ich bin jetzt bei der letzten Lieferung des ersten Teils angekommen, d.h. die deutsche Sultana und die Königin der Wüste liegen hinter mir.

 

Ein erstes (kurzes) Resümee (wenn es länger werden soll, dann müsst ihr einfach irgendwie nachfragen, denn einen längeren Text druckreif, spannend und auch noch fehlerfrei von mir zu geben, ist nun mal nicht so sehr meine Stärke).

 

Der erste im Orient spielende Teil von DH-DH ist äußerst spannende Kolportage. Im Gegensatz zu den anderen Kolportageromanen gibt es hier so gut wie keine zeitlichen Rückblenden und es wird i.w. "straight forward" erzählt.

 

Der Oskar Steinbach droht am Ende einen doch irgendwie leicht auf die Nerven zu gehen, weil er sich in einen der Alleskönner (neben dem die anderen schon sehr "alt" aussehen) zu verwandeln droht. Aber dies ist ja keine Ausnahme in der Mayschen Romanwelt, das gleiche Gefühl hatte ich auch z.B. im Schatz im Silbersee als da plötzlich Old Shatterhand als absoluter Supermann auftaucht und den bisherigen "Leader" Old Firehand, der bis dahin auch alles im Griff hatte und doch noch menschliche Züge aufwies, einfach in den Hintergrund zu den Nebenfiguren drängte (von dem wirklichen Alleskönner Winnetou ganz zu schweigen). (Übrigens hat der Old Firehand des Silbersees außer dem Namen kaum irgend welche Gemeinsamkeiten mit dem Firehand aus Old Firehand/Winnetou II.)

 

Am Beginn der 2. Abtheilung, die im Wilden Westen spielt, kommen gleich Sam Barth und die beiden Snakers vor. Sam Barth ist dem Hawkens etwas ähnlich, aber natürlich nicht gleichzusetzen, er trägt nämlich erfreulicherweise auch ein Stück vom Hobbel Frank in sich (leider etwas zu wenig).

 

Hervorragend ist die Geschichte mit der Auguste, die er an einen jungen Canditaten des Schulamtes
Zitat:
"ein zwanzigjähriger junger Hilfsschulmeister mit einem jährlichen Gehalt von hundertzwanzig Thalern, nebst 10 Neugroschen monatlich für's Orgelspielen und fünf Groschen für jede Leiche nach dem Gottesacker hinaus zu singen. Privatstunden gab er extra, die Stunde zu fünfzehn Pfennigen."

 

Da wird dann wohl jener Sam Barth ein Konkurrent des Schulamtskandidaten und Hilfsschullehrer Karl May um die Gunst jener Auguste (Gäßler hieß sie, glaube ich) gewesen sein.

 

Noch mal was "formales".

 

Ich lese ja die "Lieferungs"-Ausgabe des KMV Reprints.

 

Wenn diese der ursprünglichen Lieferungsausgabe von Münchmeyer entspricht, so muss man feststellen, dass sich da niemand irgendwie um die Übergänge zwischen den einzelnen Heften Gedanken gemacht hat. Also nichts mit irgendwie "Spannung hochhalten" für die nächste Folge. Nein, wenn die 32. Druckseite der Lieferung zu Ende war, dann war sie einfach zu Ende, auch - und das ist gar nicht so selten - wenn dies mitten in einem Satz war. Nur das Ende der "1. Abtheilung" hat man an das Ende einer Lieferung hingekriegt. Das zeigt deutlich, dass es da keinerlei redaktionelle oder auch lektorielle (gibt's das Wort überhaupt?) Betreuung gab. Im Gegensatz dazu hat man sich wenigstens bei den Fortsetzungen in Zeitschriften wie dem Hausschatz wenigstens darüber Gedanken gemacht.

 

Dieses "Nicht-Vorhandensein" irgendeiner redaktioneller Betreuung macht es, meiner Meinung nach, eher unwahrscheinlicher, dass da irgendwelche ("anstößige") Teile in den Text "hineingeschrieben" wurden. Meiner Meinung nach ist dies schon alles von May.

 

Bei dem Überfall auf die Taube des Waldes gibt es eine der kleineren Mayschen Ungereimtheiten. Erst versucht Sam Barth den erwarteten Spion des "roten Burkers" (ob der auch mal "Cornel" war) zu beobachten und trifft dabei auf Steinbach.

 

Als später Steinbach auf diese Idee zurückkommt, weiß Barth plötzlich und erstaunlicherweise nichts mehr davon, und glaubt dem französisch-deutsch-türkischen Newton/Florin/Derwisch die Lügengeschichte. In welcher Sprache er diese Geschichte erzählt ist auch nicht so recht klar, da er ja Englisch nur "radebricht".

 

Das "Greenhornspielen" des Steinbach-Fürsten (dieses Spiel, das ja auch Old Shatterhand sehr oft und sehr gerne spielt) ist auf die Dauer (und es dauert auch ziemlich lang) schon ziemlich nervtötend, vor allen Dingen, weil er sich dabei auch noch als (unsympathischer) Kraftprotz aufspielt.

 

Ich gebe zu, dass es in dem Wild-West-Teil einige, wenige Szenen gibt, die mich auf die Dauer doch schon nerven. Hervorzuheben ist da diese Liebesgeschichte zwischen Miranda und Mr. Balzer, die sich doch ganz schön hinzieht und kaum ein Ende nehmen wollen. Dies ist vielleicht hauptsächlich durchaus im Sinne des Mr. Balzers; aber mich nervt es auf die Dauer (auch wenn da dazwischen mal kurz das Werk Die Liebe, ihr Wesen, ihre seelischen Eigenschaften und ihre körperlichen Folgen zitiert wird; ganz richtig hat May sich anscheinend doch nicht den Titel seines ersten (?) Buches gemerkt).

 

Ich habe jetzt die zweite Abtheilung beendet.

 

Der zweite Teil der Amerika-Geschichte (ich meine nur den Teil im Tal des Todes) ist für mich um einiges schwächer als z.B. die Orientgeschichte.

 

Dies liegt wahrscheinlich daran, dass diese Geschichte eigentlich (nach meiner Meinung) kaum etwas "originäres" enthält, sondern ein irgendwie gearteter Abklatsch der Wild-West-Geschichten Mays. Teilweise sind Anklänge an Satan und Ischariot unübersehbar, da ja S&I später entstanden ist, hat er dies dort um Längen besser ausgearbeitet.

 

Ausserdem nervt dieser Über-Shatterhand Steinbach in Amerika doch schon sehr, er übertrifft dabei noch den (manchmal auch schon ganz schön nervenden) Shatterhand der Jugenderzählungen (der Shatterhand der Reiseerzählungen ist da doch um einiges "menschlicher").

 

In dieser Abtheilung wird übrigens (in einigen dürren Nebensätzen) die Vorgeschichte der Adlerhorsts und ihrer Widersacher angedeutet. Für mich ist dies übrigens durchaus ausreichend als Motivation, und ausserdem ist mir dies lieber als z.B. die unsinnige und hanebüchene Vorgeschichte zum Waldröschen (die Erklärung für den Hass der Cortejos auf die Rodrigandas).

 

Nur die Motive Steinbachs bleich immer noch im dunklen.

 

Am Ende haben sich noch einige kleinere Unaufmerksamkeiten des Autors eingeschlichen; so ist ihm nicht mehr klar, wer jetzt nun den Schlüssel für die Fesseln liegen ließ. Außerdem ist irgendwie die Magda Hauser/Adlerhorst aus dem Blickfeld entschwunden (vielleicht auch nur aus meinem, aber ich kann mich nicht erinnern, irgendetwas von ihrer Befreiung gelesene zu haben).

 

Jedenfalls freue ich mich jetzt auf die Sibirien-Abtheilung, die mir bei meiner ersten Lektüre viel Freude bereitet hat.

 

Sibirien schient doch wohl nicht so fürchterlich groß zu sein, denn alle Welt (der Teil der für die DH-DH interessant ist, alle Bösewichter und alle Guten, nur der "große Steinbach" lässt bisher noch auf sich warten) trifft sich in Platowa zur Zeit des Herbstjahrmarktes.

 

Herrlich finde ich die Schatzsuche mit anschließender Teufelsaustreibung.

 

Wenn man spitzfindig wäre, könnte man einige Kleinigkeiten bemäkeln; so ist hier die Religion der Russen (mit ihren Popen) "griechisch-katholisch".

 

Auch scheinen die Tungusen ein sehr großes Talent für Fremdsprachen zu haben; da versteht Karpala auf Anhieb das türkische Gökala, und die Snakers können sich bei ihnen gut verständlich machen, obwohl beide weder Russisch sprechen oder verstehen.

 

Aber was soll's, solche Petitessen wollen wir gar nicht berücksichtigen.

 

Jedenfalls ist die Schilderung der sibirischen Atmosphäre, wie ich finde, großartig gelungen, herrlich auch Sam Barth in Sibirien.

 

Das Sibirien-Abenteuer ist für mich noch das Beste an DH-DH, obwohl ich anfangs etwas skeptisch war. Sam Barth ist klasse, wie er mit der Obrigkeit umspringt. Glaube einer der seltenen Fälle wo ein Held der Hintenanstellkategorie (ist das verständlich ausgedrückt?) in Karl May´s Werk eine besondere Rolle spielt und alle Fäden in der Hand hat. Was da nachher noch Steinbach zu suchen hat ist mir ein Rätsel. Man wäre auch gut ohne ihn ausgekommen. Und er hat noch was zu mäkeln dass Sam Barth so mit der Dorfobrigkeit verfuhr, tz.

 

Auch später in Deutschland Zum guten Schlusse macht Barth eine gute Figur (trotz seiner Fülle )

 

Ich habe das Sibirien-Abenteuer abgeschlossen.

 

Dies ist der Teil, der für mich der beste in den gesamten Deutschen Herzen Deutschen Helden ist. Zum einen sicher, weil dies (fast) originär bei May ist, dieser Schauplatz ist einer der äußerst seltenen und doch ist er auch hier irgendwie "zuhause".

 

Und dann weil sich hier der Superheld Steinbach sehr zurückhält, ja er verliert hier in meinen Augen vollständig den "Old Shatterhand" Nimbus. Er reist z.b mit 4 (in Worten vier) Kutschen Gepäck (hat es so etwas jemals bei OS oder KBN gegeben?), und verschafft sich im wesentlichen Respekt durch einen militärischen Rang mitsamt ordens- und sonst wie glänzender Uniform (eines russischen Generals), auch dies wäre für die parallelen Superhelden undenkbar gewesen.

 

Alle (wirklich alle) Verwicklungen werden von dem (viel sympathischeren) Sam Barth gelöst, auch die die Steinbach direkt betreffen. Und dafür bekommt er von Steinbach neben ein wenig Dank auch noch Vorwürfe. So ungerecht ist eben manchmal die Welt .

 

Dafür lichtet sich anschließend (in Wiesenstein) ein bisschen das Dunkel um den Superman; er ist nämlich "in Wahrheit" der Großherzogsbruder Oscar.

 

Und Tschita heißt immer noch Tschita, also wird dies wohl doch ihr "richtiger" Name sein. (Wenn ein spanischer Graf bei May "Ferdinando" heißt, warum soll dann nicht eine deutsche Adlige "Tschita" heißen können?)

 

Ich will hier über vier Teile des Romans im Einzelnen schreiben.

 

1. Orientteil (Istanbul und Nordafrika)
Dies ist eine der schönsten und spannendsten Geschichten, die May für den Orient geschrieben hat. Ich halte sie auch für einen der schönsten Teile all seiner Kolportageromane. Völlig unverständlich ist mir, wieso ausgerechnet dieser, in sich völlig stimmigen Teil, so stark vom KMV bearbeitet wurde. Ich sehe z.B. keinerlei Notwendigkeit irgendeine der Figuren zu ändern.

 

2. Amerikateil
Der schwächste Teil der Geschichte, eigentlich aber erst wenn der all-übermächtige "Fürst der Bleichgesichter" in das Geschehen eingreift. Bis dahin ist auch dieser Teil, insbesondere wegen der "neuen" Gestalten der Snakers und Sam Barth einfach großartig. Später wird es dann wegen des Auftretens Steinbachs für mich eher etwas ermüdender. Außerdem hat er die beiden Handlungsteile Taube im Urwald und Quecksilberbergwerk in den späteren Romanen El Sendador und Satan und Ischariot wieder aufgenommen und besser "behandelt".

 

3. Sibirienteil
Für mich einfach der beste aller Teile. Gerade hier läuft auch Sam Barth zu seiner Hochform auch, und an diesem Kerl habe ich einfach einen "Narren gefressen" (wer weiß weshalb ). Umso schlimmer finde ich, dass ausgerechnet er in eine andere Gestalt verwandelt wurde.

 

4. Zum guten Schlusse
Mein erster Eindruck des letzten Kapitels war, dass dies ja eigentlich viel zu vollgefüllt mit Dialogen ist und eigentlich für die gesamte Geschichte eigentlich völlig überflüssig.

 

Aber nach einigem Nachdenken darüber (und nach der zus. Lektüre des Sonderheftes der KMG zu DH-DH von Walter Ilmer) kam ich zu folgenden Schlüssen.

 

Was May dazu "trieb", dieses Kapitel so zu schreiben, hatte kaum mehr etwas mit dem Roman zu tun, sondern vermutlich mit seiner damaligen Situation. Es war offensichtlich der Höhepunkt einer der Krisen in seiner Ehe mit Emma. Er hatte, so male ich mir es aus, jetzt wohl endgültig erkannt, dass Emma nicht die Ehefrau war, die er gerne gehabt hätte, nämlich eine (richtige) Ehefrau eines Schriftstellers. Ganz im Gegenteil, sie die ihn ja eigentlich dazu getrieben hatte und für die er hauptsächlich die Fronarbeit des Kolportageschriftstellers eingegangen war und immer noch weiter betrieb, interessierte sich nicht die Bohne für das was er schrieb. Sie begeisterte sich stattdessen immer mehr in den Umgang mit den neuen Bekannten, und ihr gefiel offenbar auch das Interesse Münchmeyers an ihr (als Frau).

 

Also statt ihm in seiner wirklich anstrengenden Arbeit an den Kolportageschinken, die er auch hauptsächlich nachts durchführte (tagsüber war keine Ruhe dazu) zu helfen oder diese wenigstens entsprechend zu würdigen, sorgte sie durch ihr aufwändiges und Geld benötigendes Verhalten dafür, dass diese Arbeit immer anstrengender wurde.

 

Diese ihn natürlich zutiefst kränkende Erfahrung, war wohl das (so wie ich mir das vorstelle) was ihn damals hauptsächlich umtrieb. Darüber mit ihr zu reden konnte er offensichtlich auch nicht, wie er ja auch später bei der Ehescheidung das Reden mit Emma ja zum allergrößten Teil Klara überließ. So setzte sich dieses Gefühl so langsam in ihm fest und verwandelte sich nach und nach in Wut, die dann z.B. in der Pollmer-Studie ausbrach.

 

Um auf das Buch zurück zu kommen, so ist meiner Meinung nach das Dreieck Schubert-Lina-Ibrahim natürlich dem echten Dreieck Karl May - Emma May - H.G. Münchmeyer nachgebildet, (wohlgemerkt nur hier ist Ibrahim Pascha Münchmeyer) und bezeichnenderweise gewinnt Ibrahim (Münchmeyer) den Wettstreit um die Gunst Lina/Emmas (um dann vollständig unterzugehen). (Dass so neben bei auch noch (der) "Zimmermann" Magda "gewinnt". sei nur nebenbei erwähnt.)

 

All dies (so stelle ich mir es vor) von der Seele zu schreiben, war May um vieles wichtiger, als der Geschichte ein (mehr oder weniger) passendes Ende zu geben.

 

So gesehen ist die Wendung, dass die Hauptschurken das "Geheimnis mit ins Grab nahmen", schon fast wieder genial.

 

Man kann eben fast immer und so auch hier in den deutschen Herzen und deutschen Helden, May nicht mit den Maßstäben eines anderen ("normaleren") Schriftstellers messen.

 

Außerdem
Zitat:
"Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen
Den Vorhang zu und alle Fragen offen..."

(Brecht, Der gute Mensch von Sezuan)

 

Ich denke, dass eigentlich aus dem gesamten Roman ohne viel Mühe drei einzelne Romane gemacht werden könnten. Es würden im Wesentlichen am Ende nur einige Fragen mehr offen bleiben.

 

(Eingestellt: 10.03.2014. Der nächste - und letzte - Teil folgt am 10.04.2014.)

 


 

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